Schön Sie hier zu begrüssen! Seelenreise beinhaltet Malerei,Restaurationsarbeiten an alten Zweirädern,Gedichte,Eindrücke vom Leben,und vieles mehr.So habe ich das Glück,mit meinen kleinen Projekten den Alltag mit einer Behinderung bewältigen zu können.Vielleicht ist deshalb hier einiges etwas anders...Darf ich Sie recht herzlich einladen,in meine kleine,grosse Welt ?
Einsame Entscheidung - eine Science Fiction Geschichte in drei Kapiteln
Kapitel 1 All-Tag
5.34 am
Leittriebwerk 11 korrigiert mit einem,bis in die innere Versorgungsebene spürbaren Schub die Richtung.
Ungewöhnlich spät wacht er durch diese nötige,tägliche Veränderung der Flugbahn auf.
Einer inneren Uhr gleich,schreckt er sonst kurz zuvor aus dem Schlaf.
Benommen gleitet sein linkes Bein auf die Metallgitter.
Ein,zwei tiefe Atemzüge, nun fühlbarer Körper,der es bis hierher gebracht hat.
Es wäre kein ungewöhnlicher Beginn eines neuen Tages auf Versorgungsflug 219,wenn ihm nicht plötzlich klar werden würde,dass es für eine solche Situation keine verlässlichen Anweisungen mehr gibt.
Die Temperatur steigt,so von ihm vorgegeben,auf für ihn so gerade noch erträglichen 12 Grad Celsius.Es dient neben einigen anderen Maßnahmen zur Schonung der nötigen Treibstoffreserven.Den Solarpanelen bleibt nur ein flacher Einstrahlwinkel,um genügend Sonnenlicht aufzunehmen.
Kleine Welt im Niemanns-Raum
6.01 am
Stille,bis auf jenes Rauschen in seinen Ohren ist einziger verlässlicher Begleiter in den letzten zwei Jahren auf 219.
Ewiger Piepton ,er führt ihn zur Beruhigung seiner selbst auf die Schwerelosigkeit zurück.
Es gibt weder Langzeitstudien noch Erfahrungen,die seine Theorie bestätigen,keine noch so vertraute Stimme,die ihm die Vorgänge in seinem Körper erklären könnte.
Die immanent kreisende Angst um dieses und viele weiteren Phänomene hier draussen verdrängt er so gut es geht.
So ist es auch nicht verwunderlich,dass jetzt seine beruhigende,nennen wir es Musik,über die internen Lautsprecher der Versorgungsebene abgespielt wird.
Am Ende jenes mantra-ähnelnden Tonfiles beginnt die Aufzeichnung automatisch von vorne.Endlosschleife.
Ironie des Schicksals,dass es nur noch diese Stimmen sind,die ihn beruhigen können ?
Oder ist auch dies nur einer seiner vielfältigen Überlebensversuche,wie er sie zur Zeit
als Erdbewohner benötigte,um sich zwischen ihnen bewegen zu können ?
Wer verlässt freiwillig das Leben auf dem einzig bewohnbaren Planet der Milchstrasse ? Tauscht es ein gegen eine Reise ins Unbekannte,die zwar zuvor geplant,denoch nur auf Theorien gestützt bleibt.
Niemandem gefielen seine Gewohnheiten,es war kein Gerücht,sondern die Entscheidung vieler,dass er aus dem Dienst genommen werden sollte.
Sie gewährtem ihm nur noch wenige,weitesgehend unwesentliche Aufgaben.
Versorgungsflug 219,ein weiterer Transport entsorgter Hybridzellen ,eine Aufgabe,die keiner gerne übernimmt,zumal es lediglich darauf ankommt die Plasmacontainer in weitgelegene Umlaufbahnen zu verfrachten,nein,zu entsorgen.
Nicht nur die Länge von vielen Monaten,sondern auch die Einsamkeit machen die Flüge für die meisten seiner Einheit völlig unakzetabel.
Beiweilen schien ihm dies jedoch zu gefallen,blieb er die längste Zeit ohne Navigator und damit alleine an Bord.
7.00 am
Immer wieder hatte er die Instrumententafeln überprüft.
Zuerst war es nötig,doch mittlerweile dient es ihm,um sich hier in den unbekannten Weiten zu orientieren.
Leittriebwerke zwei und vier lassen sich manuell zuschalten,wodurch für ihn spürbar,ein kurzes Gefühl von Schwerkraft auftritt.
Es wanderte,beginnend von den Füssen aufwärts ,doch eh es je von ihm als Erleichterung wahrgenommen wird, befindet sich wieder Schwerelosigkeit in der Kapsel.
Für diesen einen,etwa fünf Sekunden dauernden Impuls,lässt sich die Anordnung der Schalttafeln,selbst die Position von Aussenhülle und Schubeinheit lokalisieren.
Kurze Zeit dreidimensionales Fühlen,dann wieder Chaos in Kopf und Kapsel.
Dennoch gönnt er sich diesen herbeigesehnten Moment der Orientierung.
Zu einem fatalem Preis jedoch,kosten diese Sekunden fast die Hälfte der gespeicherten Solarenergie eines Sonnentages.
11.15 am
Schriller Alarmton,rotes LED Licht hinter seinem Kopf.
Tägliche Routine oder Folge der Umstände ?
Die Pumpen der unteren Stabilisatorenebene müssen alle 24 Stunden kurz aktiviert werden,wobei Pumpe 3 manuell,durch Muskelkraft betrieben wird.
Seit Absprengung von beiden Seitenträgern bildet sich Kondenswasser im Untersegment,weil jegliche Isolierung fehlt.
Länger als drei Stunden nicht wieder abgepumpt in die Vaporisationsanlage drohen Frostrisse der Aussenhülle.
Der Weg hinunter gestaltet sich zum täglichen Martyrium.
Spätestens hier wird deutlich,wie sehr der Körperstatus unter der weiten Reise verändert wird.
Jede der Stufen scheint in unterschiedlichem Abstand zur nächsten zu liegen,was einer Täuschung zugrundeliegt,doch wer sollte das bestätigen können ?
Linker Fuss hinab,aufsetzen,rechter Fuss hinab,aufsetzen,linker Fuss hinab,abgerutscht.
Die rechte Hand greift das Stahlrohrgestänge im letzten Moment.
In der Schwerelosigkeit besteht grosse Gefahr ungebremst vor die Aussenlamellen zu stossen,die zum Teil aus Titanlegierung bestehen und eine netzartige Oberfläche haben.
Leicht klemmt sich ein Finger dazwischen,wie er aus Erfahrung weiss.
12.56 pm
Grüne LED,erlösendes kleines Licht,deutet auf vollständig abgepumpte Einheit.
Leider gewährt das Schicksal nur kurz Ruhe,ein unabänderlicher Prozess.
1.15 pm
Ruhepause am Bordcomputer
Versorgungsfrachtdatei 159 bis 218 löschen,eine Aktion,die bei bestehender Kommunikation sofort zum Ausschluss und zu Strafmaßnahmen geführt hätte.
Jede Recheneinheit des Systems benötigt eine Vernetzung.Längst hat er sie abgetrennt.
Innerlich lächelte er,bei der Vorstellung,wie im Kontrollzentrum wenige Stunden später die Positionierung von Flug 219 nicht mehr möglich sein würde.
Triumph zu einem fatalem Preis oder Erlösung von mühsamen Debatten und Verhandlungen ?
" Wie fühlen Sie sich ?" hatten sie ihn lakonisch gefragt,wenn er bei seiner Ankunft die Logdateien einreichte.
Meist ging der Blick des diensthabenden Offiziers sofort auf die Verbrauchsraten von Treibstoff und Nahrungsreserven des Schiffes.
Hierbei ging es letztendlich nicht um seine Existenz sondern um Zahlen und Statistiken.
Die Mehrheit des Rats stimmte nur knapp dafür,Vektorenflüge und damit unrentable Anlagenmechaniker weiterhin zu finanzieren und an Bord zu lassen.
Der General blickte auf,sein Blick streifte ihn musternd.
Kurze Antwort: " Gut,benötige jedoch Zeit für Gravitationsanpassung und Orientierungsgewinnung ".
Sie gewährtem ihm meist wenige Wochen,der Frachter hätte aufgrund der Wiederbeladung nicht viel eher auf erneuten Flug geschickt werden können.
Die schwierigen Gespräche mit ,für ihn weitreichenden Konsequenzen, liessen ihm wenig Hoffnung auf Erholung .Dazu diente dieser Ort letztendlich nicht,war er dort nur kurz erduldet,sollten ranghohe Flugoffiziere schliesslich die Einrichtung für sich nutzen,um grosse Interstellartransporter zu begleiten,nachdem sie sich hier regenerieren konnten.
"Niemand hat behauptet dass Vektorentransporte ein Vergnügen sind !Nutzen Sie die Zeit hier auf der Erde um sich Ihrer wahrhaften Situation bewusst zu werden.
Aber fliegen Sie weiter,wir können nicht ganz auf Sie verzichten !"
Der General der Rekonvaleszenseinheit hatte erneut gelogen,das hatte er längst durchschaut.
Vektorenflüge dienen zum Abtransport von Altmaterial und unliebsamen Hinterlassenschaften ganzer Fortschrittsstaaten.Wertlose,hochgiftige Kühlflüssigkeiten,niedere Ferrometalle und schädliche Isotopen von Uran zumeist.
Einfache modulare Funktionseinheiten an Bord lassen Vektorentransporter der ersten Generation fast von selbst ihre Ziele erreichen.
Hintereinander angeordnet sind Versorgungs und Steuerkapsel,Frachteinheit und Triebwerke beziehungsweise Zündstufen.
Maximal zwei,nicht ausgebildete Hilfsmechaniker können diese Baureihe vom Typ 200 zwischen Start und Zielgebiet begleiten,wobei der Kurs fest vorprogrammiert ist.
In der Frühphase der Kolonialisierung waren diese Transporter teilweise manuell steuerbar. Semiautomatische Zeitbomben nannte man sie,wurden sie von einigen Begleitmechanikern bewusst auf Kollisionskurs mit Meteoritenschauern oder anderen Versorgungsschiffen gebracht,als Ausdruck ihrer Verzweiflung.
Jegliches Eingreifen,wie auch Veränderungen an Elektronik und auch das Wiederverwerten der ausrangierten Steuermodule wurde strikt untersagt und mit Höchststrafen geahndet.
Schon die Kinder machten Späße über Versorgungsmechaniker,ihre starren Handlungsabläufe an Bord,das wiederholte,jeglichen Sinn entbehrende Kontrollieren der Schalttafeln und das Ordnen der Frachtcontainer ahmten sie nach.
Sie filmten sich selbst dabei und wer einen Versorgungsmechaniker in der Erblinie aufwies wurde zum Gespött.
Von den Eltern dazu angehalten solche Späße nicht auf deren Kosten zu machen,stellte sich bei einigen Kindern erst spät heraus,wer nicht fähig war,eine moderne Gesellschaft voranzutreiben.
Erbgutanalysen wiesen keine Abweichungen zu Artefakten auf,zu Menschen mit derartig abnormalem Verhalten,Unfähigkeit an Anpassung und Bestreben den Fortschritt mitzutragen.
Versorgungsmechaniker,unter ihnen der Anteil an Frauen erschreckend hoch,wurde ausgewiesen,wer auffiel an Uneffektivität oder Unfähigkeit der Selbstversorgung durch körperlich-geistige Arbeit im Fortschrittsdienste.
Statistiken wiesen Vektorenflüge als maßgeblich unverzichtbaren Bestandteil des Frachtverkehrs aus,letztendlich schufen sie eine Lösung,uneffektive Kräfte fernzuhalten,fern bis in fast unendliche Weiten.
3.17 pm
Müdigkeit an Bord.
Seine Hand streift den Handschuh ab,nachdem er den inneren Teil der Druckschleuse betreten hat.
Das Pfeifen in seinen Ohren wird lauter als die Kompressionsaggregate rings um ihn herum.Er kann sie nicht hören,längst ist der Druckausgleich hergestellt,er bemerkt es nicht und zieht den Helm erst wenige Minuten später über den Kopf ab.
In solchen Momenten treten die inneren Stimmen wieder auf,jene lehrbuchartigen,fest eingebrannten Regeln,die ihn davor gewarnt haben,die Elektronik und Mechanik an Bord zu irgendwelchen nicht nachvollziehbaren Absichten zu verändern.
Er und auch viele andere Mechaniker machten sich während der monatelangen Begleitung des Frachters ein Vergnügen daraus,die ausgedienten Steuerpaneele umzuprogrammieren und schufen damit eine Quervernetzung der Modularelemente im Schiff.
Somit war es möglich,den Kurs geringfügig zu ändern oder mit den Aussenkameras erstaunliche Galaxien zu fotografieren ,die fernab der festprogrammierten Route lagen.
Jene Fotos waren sehr begehrt auf der Erde,mussten jedoch unbemerkt von Bord gebracht werden,waren sie doch Zeugen der Kursabweichung.Niemand wäre auf die Idee gekommen die Speicherplatinen der Raumanzüge zu kontrollierten die man mit den einfachen Binärdateien füttern konnte.
6.35 pm
Die warmweisse Nachtbeleuchtung hüllt die Kapsel ein.
Leise läuft das Lüfterrad in der Aussenbordwand.
Er muss kurz eingeschlafen sein,die kleine Uhr ihm gegenüber im Steuermodul zeigt immer noch die Zeit des Heimatplaneten .
Sanft gleiten Lichtpunkte ferner Sterne in immerwährender Dunkelheit am Fenster vorbei.
Wäre doch für alle Zeit diese friedliche Stille um ihn herum und auch tief in seinem Herzen.
Wie hoch ist der Preis für jenen kurzen Augenblick von Ruhe.
Erinnerung an seine Kindheit,seine weitesgehend unbeschwerte Zeit dringen in sein Bewusstsein.
Tief atmet er ein,schmerzvoll liegt ein Teil seiner Erinnerungen scheinbar für alle Ewigkeit begraben,doch dennoch tauchen sie auf.
Sollte es die eine,wahre Heimat geben,deren Existenz er nur vermutete ?
Würde er sie in diesem Leben erreichen ?
Wäre sie die Antwort auf alle Fragen,die ihn bereits von Beginn an beschäftigen ?
Herrschen dort die gleichen Regelmässigkeiten,die beruhigende Stille,jenes leichte Gefühl,dass er täglich neu erschaffen muss ?
Die Anstrengung eines jeden Tages kostet ihn mehr als alle vermuteten.
Zu gross ist sein Bestreben nach einem Lohn für seine Bemühungen.
Er sucht das Gefühl,nicht das Wort,nicht die Vorstellung,sondern jenes Empfinden vom Einklang in Raum und Zeit.
Müde schliesst er die Augen.
Nächste Woche erscheint Kapitel zwei - Faktor Zeit