Leben mit Kunst


Noch einmal schaue ich mir alles an,mein Herz schlägt ruhig,ich fühle mich ausgeglichen und bin zufrieden mit meiner Arbeit.Fast zwei Jahre liegen zwischen den ersten Arbeiten und der Fertigstellung.
Man könnte fälschlicherweise annehmen ich hätte ein Haus gebaut,ein altes Automobil restauriert oder eine Ausbildung absolviert.
Nein,ich habe lediglich das Schlafzimmer einer Zweiraum-Mietwohnung renoviert.
Es geht in diesem Beitrag nicht um eine Glanzparade der einzelnen Arbeiten,so zeige ich hier auch keine Fotos,das wäre mir allerdings auch zu intim.

Was bewegt Menschen aufwändige Werke zu schaffen,die in keiner Relation von Zeit und Ökonomie einen Sinn ergeben?Vielleicht dienen sie ästhetischen Gesichtspunkten oder einer Form von Ausdruck,das mag schon eher sein.
Betrachter,die aus der Schulmedizin stammen,nennen mich vielleicht zwanghaft,selbstbezogen oder autistisch.Andere formulieren es netter und verpacken es in ein Lob. Wiederum andere möchten unbedingt Werke von mir besitzen,ob der Preis,den ich dafür nehmen müsste verträglich ist,das steht auf einem anderen Blatt.

Kunst kann nicht rational erklärt werden,ich glaube auch,jeder Mensch ist auf eigene Art ein Künstler,oder kann einer werden,wie schon Joseph Beys sagte.
Ja,ich beschäftige mich auch zwanghaft mit und in der Kunst,ich bin selbstbezogen und autistisch,aber das spüre ich zu keinem Zeitpunkt während des kreativen Prozesses.
Ich fühle einen Spannungsbogen,eine sich aus Angst und Vorstellung ergebene Nervösität die mich während der Arbeit begleitet,das manchmal auch über zwei Jahre bei einem(!) Objekt.
Würde nicht hinterher diese Anspannung abflachen und in Akzeptanz und Ausgeglichenheit enden,würde ich aufhören mich weiterhin auf diese Art auszudrücken.
Wer sich selbst z.B.mit Malerei beschäftigt und ausserhalb des,nennen wir es künstlerischen Spannungsbogen befindet,der kann schnell die Freude und den inneren Impuls,der ihn an ein Objekt bindet verlieren.
Nicht immer enden meine Arbeitsschritte in Wohlgefallen,ein Ausgang mit Enttäuschung,Wut oder Verzweiflung ist ebenso möglich.
Mir half die Zeit und das "Dranbleiben",meistens konnte ich so ein für mich angenehmen Umgang mit Kunst finden.
Künstler sind egozentrisch und überschätzen sich selbst ? 
Müssen sie das nicht zumindest zeitweilig sein ?
Wären sie nur am Äusseren orientiert und dabei selbstzufrieden im Sessel sitzen,wo blieben da die Spannungsbögen ?

Mein grösster und aktueller Spannungsbogen erstreckte sich über zwei Jahre,fast ausschliesslich mit der Gestaltung eines Raumes verbracht.Dies in jedem Detail.
Ich glaube,ich habe nichts unverändert gelassen und mich auch an neue Techniken gewagt.
Da flog schonmal die Sicherung aus dem Kasten,da stockte die Nähmaschine und tropfte Oxidationsmittel auf darunterliegende Stoffe.
Im Gegenzug gestaltete ich Möbel,Sitzauflagen,Rückenpolster,begehbaren Kleiderschrank und ein Wandpaneel mit Elektroinstallation.
Meine Seele wurde wieder akut krank,es gab also mehrere Unterbrechungen mit Klinikpausen.Selbst dort ließ mich dieser Raum nicht los.
Loslassen habe ich trotzdem geübt,loslassen von immer wieder den gleichen Techniken und auch mal was unbekannteres gewagt.
Letzteres ist sehr befreiend und ich kann es als probates Mittel bei Zwangsstörungen empfehlen.
Nicht empfehlen kann ich einen langwährenden Spannungsbogen in der Kunst für Künstler,die an selbstverletzendem Verhalten,Suizidgedanken oder besonders schweren Depressionen leiden.
In solchen Zeiten helfen mir lediglich überschaubare Arbeiten mit nicht allzu lange auf sich wartendem Erfolgserlebnis.