Diagnosen - Odyssee
Wer meinen Blog besucht fragt sich wahrscheinlich,von welcher Behinderung oder Krankheit mein Leben beeinflusst wird.
Ehrlich gesagt,ich auch.
So habe ich von Anfang meiner psychologischen,neurologischen und auch pharmakologischen Behandlung an,auf eine genaue Diagnose gehofft.
Eine Diagnose beschreibt aus medizinischer Sicht,die Gefühle,das Denken und die körperlichen Symptome eines Menschen.
In entsprechenden Manualen werden diese Diagnosen aufgeführt und unterliegen ständigen Veränderungen oder Erweiterungen.
Im Jahre 1993 kam ich in Behandlung, mein körperlich kachektischer Zustand deutete auf akute Magersucht hin.Damit einhergehend litt ich an Depressionen und einer Zwangsstörung.
All diese Symptome wurden fleissig aufgelistet und von Arzt zu Arzt,von Klinik zu Klinik,in meiner Krankenakte mitgeschleppt.
Die entsprechenden Kürzel lauten z.B. F 50.0 - Anorexia nervosa ,oder F 33.2 - Rezidivierende Depression ohne psychotische Symptome (nach ICD-10 )
Später fasste man alle einzelnen Symptome zusammen,zur sogenannten kombinierten Persönlichkeitsstörung ( F 60 ) .
Zwanzig Jahre gingen ich und meine Behandler von dieser Diagnose aus.
Mir blieben viele Gefühle ,Erlebnisse der Kindheit damit nicht deutbar .
Irgendwo gab es immer ein riesengrosses Fragezeichen in mir ,wie eine verschlossene Tür.
Erste Hinweise
Vor fünf Jahren sprach mich ein gegenüber wohnender Nachbar an.
Klar,er erlebt ja Teile meines Lebens mit,zumindest die,die von aussen soweit sichtbar sind.
So sprachen wir kurz auf der Strasse und er erzählte mir von seinem Sohn.
Sein Sohn hat das Asperger-Syndrom,er besucht eine Grundschule der Lebenshilfe .
Im nächsten Satz frug er mich,ob ich auch Asperger hätte und wie ich damit klarkomme.
Asperger? Ich wusste dass dies eine Bezeichnung für eine eigene Form von Autismus ist, aber mir selbst hätte ich niemals Autismus zugeordnet.
Autisten sprechen nicht,sind irgendwie total woanders und können Dinge nicht,die ich noch auf die Reihe bekomme,dachte ich.
"Nein,ich habe kein Asperger.Ich lebe gerne alleine so, wie ich lebe, komme nur in die Klinik aufgrund von Erschöpfung,Depressionen,Zwängen,halt wenn mir das alles zuviel wird..."
Genau dieses "Zuviel werden" war mir nie erklärbar und sollte es noch zwei Jahre bleiben.
Test ?
Meine Psychologin,die mich seit über zehn Jahren begleitet sprach mich im Sommer schliesslich auf etwas an.
Es war Sommer,denn ich erinnere mich genau an das Licht,welches durch ihr Fenster fällt und von blauen Glassteinen auf der Fensterbank gebrochen wird.
Zuvor schickte ich Ihr in der Ferienzeit eine Karte mit Gemälde Ihrer Eingangstür der Praxis und dem kleinen Haus als Zeichnung auf dem Umschlag.
Sie kannte bereits meine Malerei und so einige andere Gewohnheiten und Lebensweisen von mir.
Sie frug mich,wie ich solche Bilder male,ob ich Vorlagen verwende.Dieses Bild hatte ich jedoch aus der Erinnerung gemalt.
Mein genaues Beobachten sind kein fotografisches Gedächtnis,aber es kommt in die Nähe dessen.
Ich merke mir auch Zahlen,Autokennzeichen und Telefonnummern mithilfe optischer Bilder.
Von Zeit zu Zeit kann ich mir die Gesichter meiner Mitmenschen jedoch nicht bildlich vorstellen.
Ihre Kleidung schon eher und auch die Namen bleiben lange in meinem Gedächtnis.
Sie bat mich letztendes in dieser Sitzung,mich mal auf Asperger-Autismus testen zu lassen und gab mir Adressen.
Ich meldete mich auch in einer Praxis in Bremen an,mit sehr langer Wartezeit.
Diese Wartezeit alleine war die bis dahin befreienste Zeit meiner Jahre mit der Behinderung,welchen Namen sie auch immer trägt.
Die Erfahrungsberichte,im Internet,die Bücher,die ich über Asperger las,waren zum Teil wie meine eigenen Worte.
Phänomene,die mir bislang kein Arzt erklären konnte,wie etwa meine Reizüberflutung wurden dort sehr ausführlich beschrieben.
Später im Text schreibe ich noch etwas ausführlicher darüber.
Eine Mitpatientin,einer psychiatrischen Station sprach mich an,ob ich auch Asperger hätte und damit traf ich die erste reale Person im Leben,die mit mir darüber sprechen konnte.
Wir sind heute noch in Kontakt und darüber bin ich froh,ich wünsche ihr noch viele schöne Jahre im Leben,denn sie ist etwas jünger als ich .
Sie hat die Diagnose in dem Alter bekommen, in dem ich "krank" wurde,oder zumindestens nach aussen sichtbar leide.
1993 gab es die Diagnostik noch nicht in der Form,wie es sie heute gibt.
Die offene Tür - Die Diagnose -