Herzlich Willkommen !

 


 

In meinem Umfeld gibt es nur wenige vertraute Menschen,die sich hineinversetzen können in autistischen Alltag.Wäre ich nicht selbst davon betroffen könnte ich es wahrscheinlich auch nicht.

Meine sozialen Kontakte setzen sich zusammen aus einem breiten Spektrum von verschiedenen Begegnungen. Da sind zum einen z.B. meine Nachbarn im Mietshaus. Immerhin sieben Parteien,mit denen ich mich bemühe ein harmonisches Miteinander zu führen.Das ist nicht immer leicht.Nicht nur dass ich keinen smalltalk wirklich mag,sondern auch die mit sich einhergehenden Veränderungen im Haus verunsichern mich oft zutiefst.Plötzlich stehen Fahrräder abgestellt unter der Kellertreppe,die da nicht hingehören.Eine andere Nachbarin öffnet neugierigen Blickes das Fenster zum Hof, um zu sehen was dort passiert.Beides stresst mich ungemein.Aber ich führe mit anderen Nachbarn wiederum gerne Gespräche,wenn auch oft nur über mein Spezialthema "Zweiräder". Ein ergiebigeres Thema als z.B. die ohnehin immer zu vollen Mülltonnen.

So besuche ich auch ein Kontaktcafe' in der Nachbarschaft,in der ich mehrmals in der Woche meist nette Gespräche führen kann.Ich muss allerdings gestehen dass ich vor so vielen Menschen,zumeist anderen seelisch erkrankten,eine Maske aufsetze.Meine autistischen Eigenheiten versuche ich so gut es geht zu verbergen. Ich mag keine Menschenmengen,hohe Lärmpegel oder körperliche Berührungen. Das geht zum Glück den dort anwesenden Gästen oft ähnlich.Ich überlege mir bewusst,worüber ich mich unterhalte und worüber nicht. Das strengt mich sehr an.Es gibt dort nur ganz wenige Menschen,bei denen es anders ist und ich mich freier fühlen kann.Im Rahmen des Kontaktcafe's bin ich quasi Mensch 1,zuhause Mensch 2 und in der Therapie Mensch X ,und so weiter.Am Ende des Tages frage ich mich,welcher Mensch davon wirklich im Spiegel zu sehen ist. Es gibt dort eine Besucherin,die ich gerne mal nachhause einladen würde,weil ich sie sehr mag.Sie ist einfühlsam und hat sehr ähnliche Schwierigkeiten wie ich.Ich traue mich weder zu fragen,ob ich sie einladen darf und ahne Schwierigkeiten die sich ergeben könnten.Oder auch nicht ! Vielleicht mache ich mir im Vorfeld, wie so oft, vielzuviele Gedanken. Darf ich sie fragen,ob sie die Schuhe vor der Tür auszieht,oder Hausschuhe mitbringt? Mag sie den Kaffee den ich jeden Tag trinke und der mir manchmal selbst nicht schmeckt ? Worüber unterhalten wir uns ? Wie lange dauert ein solches Treffen ?Ich habe gar keine grossen Erwartungen und würde mein Repertoire erweitern können,indem ich Besuch zulasse. Mir hilft es ,wenn mit Kontakten Aktivitäten verknüpft sind,z.B. etwas zu reparieren,zu spielen oder gemeinsam etwas lesen,bzw.anschauen.So kann ich leichter Kontakte herstellen.

In der Autismustherapie bespreche ich solche Themen,ohne dabei hier jetzt zu sehr aufs Detail einzugehen.Ich könnte fragen,ob Besucher Hausschuhe oder Socken mitbringen zum Beispiel.Ein Versuch wäre es wert. In der Therapie bin ich Mensch X ,der ich wirklich bin.Hier kommt auf den Tisch,was mich wirklich beschäftigt. Autistische Menschen verstecken ihre Schwierigkeiten gerne,das nennt man "Masking" oder "Camouflaging".

 Der Leserin und dem Leser meines Posts wird schnell deutlich,wie nah die eigene Wahrnehmung am autistischen Spektrum liegen kann und wie weit sie denoch entfernt ist. Vor meiner Diagnose im Jahr 2018 hatte ich wenig Verständnis für mich selbst,heute bin ich nicht sehr viel weiter,aber immerhin ein kleines Stück befreiter von der Last des Verbergens der eigenen Anteile.

Ob das jemals ausreicht stabilere Beziehungen oder harmonischeren Kontakt mit der Aussenwelt zu führen steht in den Sternen.Jedenfalls bin ich bereit die Tür zur eigenen Welt ein Stück zu öffnen,sei es zuhause oder mit einer kleinen Ausstellung meiner Gemälde,im Frühjahr diesen Jahres.

Mal sehen was passiert und so starte ich ins kommende Frühjahr. Dabei wünsche ich uns allen auch gleichzeitig mehr Verständnis für Verschiedenartigkeit.

Mein Blog bleibt unpolitisch,aber ich glaube der Leserin und dem Leser wird deutlich welche Position ich vertrete.