Bevor ich diesen Artikel verfasse,wähle ich als Schriftfarbe GRAU,
tristes Grau...
Heute ist mal wieder so ein Tag,so ein ganz trüber,zähflüssiger Sonntag.
Hierbei schreibe ich über einen,nicht ganz seltenen Tag,der immerhin den siebten Teil des Lebens ausmacht.
Ich erinnere mich an früher,auf eine eher unangenehme Weise,erwischt mich immer wieder die Sonntags-Depression.Da gab es Diskussionen,Streitgespräche,langweilige Familiennachmittage,fetten Buttercremekuchen und Gottesdienst sowieso...
Sobald ich Samstagsabends den Fernseher abschalte,mich müde,zurück ins Bett lehne,schleicht sich dieses miese Gefühl,ganz unauffällig ein.
Noch heute Morgen hatte ich keinen Gedanken an dieses Monster,das viele meiner Mitmenschen sehr schätzen.Sie füllen es mit verschiedensten Hobbies aus,meistens Fussball,Marathon-Fernsehen(ich kann es im Hausflur hören...),Familienbesuch,Vereinsveranstaltungen,etc.
Des Deutschen liebstes Kind wurde am Samstag fleissig poliert,um am nächsten Tag zum Kaffeeklatsch oder zum Vereinsheim zu fahren.
Dieser eine Tag ist für sie die wahre Erholung,nach den Strapazen einer langen Woche.
Erholung ? Ich finde dieser Tag stimmt schon ein,auf die ganze,lange,nächste Woche.Er erinnert schon Samstags,in seiner eigenen Fernsehsendung (Das Wort zum...)an die heiligen Stunden,die da morgen kommen.
Meine Lieblingstage sind Freitag oder vielleicht gerade noch Samstag,aber am siebten Tag der Woche ist mit mir nichts anzufangen.
Da braucht keiner anrufen und fragen,wie es mir denn so ergeht,nein,ich kenne die Antwort schon in den frühen Morgenstunden dieses Tages.
Zuerst freue ich mich noch,daß es heute nicht auffällt,daß ich nicht pünktlich um halb sieben aufgestanden bin,diese Freude verfliegt schon bald,weil die Strasse wie ausgestorben vor meinem Fenster,noch im Tiefschlaf liegt.
Ich darf noch nicht mal Staubsaugen oder die Waschmaschine in Gang setzen,weil meinen Nachbarn dieser Tag heilig ist.(Wobei ich dabei allerdings meine Zweifel habe...)
Während ich den Müll zur Mülltonne bringe, (Erdnussschalen,Joghurtbecher,Salatreste,von gestern Abend)liegen alle noch hinter zugezogenen Gardinen und runtergelassen Jalousien.
Die Stille hält sich,bis etwa zum Nachmittag,wenn die meisten aufstehen und erst mal ausgiebig "brunchen"(Doofes Wort).
Nicht umsonst gibt es das Wort Sonntags-Ei,oder die dazugehörige "Bild zum...",beides lässt mich kalt.
Es soll nicht falsch verstanden werden,ich gönne jedem diesen Tag,ich wünsche allen einen wunderschönen S...tag,aber für mich ist das pures Gift.
Wie kann man dem vorbeugen ? Wie lassen sich die Symptome der Sonntagsdepression behandeln ???
Nun,ich suche meistens Orte auf,an denen eine Spur von Alltag auch Sonntags spürbar bleibt.Würde ich in der Großstadt wohnen,wäre ich heute am Flughafen,Bahnhof oder auf einer Autobahnraststätte.Da ich in einer Kleinstadt lebe,muß ich mir die versteckten Nischen raussuchen.
Meist sind es Autohäuser oder das benachbarte Teppichhaus,die heute ihre Türen öffnen.Es gibt umsonst Kaffee und Kuchen und wenn man am Glücksrad dreht,noch einen Kugelschreiber gratis hinzu.Wo gibt es das heute sonst noch?Beliebt ist bei mir auch die Tankstelle,die eine kleine Cafe´-Ecke hat,an der sowieso immer die Gleichen zu finden sind.Sogar meine Pfandflasche kann ich hier loswerden,während alle Getränkeläden und Discounter ihre Türen heute verschliessen.
Mit meinem Fahrrad bin ich unterwegs und suche mir solche Ziele aus,wie gerade beschrieben.
Mein Bekanntenkreis besteht aus lieben Menschen,die zwar sagen,ich könnte gerne anrufen oder vorbeikommen,dem ich auch nachkomme,aber das Gefühl bleibt an diesem Tag haften.
Ich erinnere mich an dieses schreckliche Ritual,Abends die "Lindenstrasse" anzuschauen,die sowieso nur aus Problemen besteht,die ich heute ganz bestimmt nicht gebrauchen kann.
Am Montag fahre ich wieder mit meinem Fahrrad Einkaufen,muss aber doppelt soviel schleppen,wie an den übrigen Tagen.
Aber auch das nehme ich mit Gelassenheit in Kauf,denn nun folgen sechs Tage,an denen die Strassen wieder-belebt sind,die Schlange an der Kasse steht,meine Nachbarn wieder zu Sehen sind,ich auf Betriebstemperatur hochfahre.
Das ist meine Welt,mein Alltag,dem ich zwar oft mit Stöhnen und Unlust entgegentrete,aber trotz aller Mühen sehr schätze.
Morgen ist zum Glück wieder Montag und gleich kommt die Lindenstrasse,ich wähle morgen wieder eine andere Textfarbe,heute bleibt sie GRAU !
Wie heisst es so schön,...alles geht einmal vorbei...