Wie ich zur Vespa kam

Ich erinnere mich noch sehr gut an meine erste Vespa,sie war feuerrot und blieb nur wenige Tage bei mir. Damals,ich wurde zwanzig ,kaufte ich diese Vespa als Gebrauchtfahrzeug. Sie hatte noch einige kleine Mängel.Es war eine Vespa PK50 ,mit Schaltgetriebe.Sie wird mir immer in Erinnerung bleiben,in Form einer Narbe am Kinn.Das kam so...
( Die Zeichnungen können durch Mausklick vergrössert werden)
                                     

   Ich war gerade auf dem Weg zur Piaggio-Wekstatt ,wollte den Roller vom Fachmann durchchecken lassen.Ich fuhr auf der rechten Spur einer Kopfsteinpflaster-Straße.Eine Autofahrerin überholte mich,sah mich jedoch nicht im Rückspiegel und drängte mich von der Fahrbahn ab.( Soviel vorweg, ich überlebte und bekam Schmerzensgeld! )Ich flog über den Lenker,rutschte über die Steine,hatte Prellungen und Stauchungen am ganzen Körper.Ein Sanitäter schnitt meine teure Lewis 501 auf, was ich ihm nie verziehen habe ! Nach diesem Erlebnis blieb ich längere Zeit unmotorisiert auf zwei Rädern unterwegs.
Im Sommer 2002 entdeckte ich bei einem Zweiradhändler im Nachbarort, Anna. Anna ist eine Vespa ET2, sie war damals zwei Jahre und achthundert Kilometer jung. Ich liebäugelte nur wenige Tage und kaufte sie schliesslich .
Dieses Mal blieb die liebe Italienerin bei mir,in guter Pflege.Die Vespa ET2 besteht, im Gegensatz zu vielen modernen Motorrollern, aus einem Blechrahmen und relativ wenig Kunststoffelementen.Sie fährt sich sehr gut,mit Fliehkraftkupplung und Variomatik,kein Schalten also.
Die ersten Kilometer,vom Parkplatz des Händlers ,waren spannend,ich gewöhnte mich schnell an den neuen Untersatz ,auch wenn ich anfangs etwas unsicher in die Kurve ging.

                                                                                                                          Im Laufe der nächsten Wochen und Monate studierte ich die Technik ein wenig,um zu Verstehen ,wie die gute Dame funktioniert.Aus Reparaturhandbüchern holte ich mir Informationen,um wenigstens kleine Reparaturen und Wartungsarbeiten selbst ausführen zu können.Luftfilterreinigung, Ölwechsel, Zündkerze, Vergasereinstellung, Bremsen ,Elektrik wurden mir verständlicher in ihrer Funktion bei Anna.Obwohl mir am Anfang noch viele Missgeschicke passierten. Habe den Auspuff mal zu locker montiert und meine Vespa war plötzlich kilometerweit zu hören, bin schnell nach Hause gefahren....und ...ich habe mein Kennzeichen mal unterwegs verloren...
Na klar,daß wir mit 60 km/h nicht die Schnellsten sind und nicht in Geschwindigkeitsrausch verfallen,aber wir sind bis heute immer noch angekommen.Jetzt machten zwei Sachen Spaß,Fahren und Schrauben. Letzteres machte auch noch im Winter Freude,solange mir die Finger in meiner Garage nicht einfrieren. Ich sorgte für abwechslungsreiche Bestückung,meines kleinen Fuhrparks.Anna blieb nicht einsam . Der begrenzende Faktor ist mein Geldbeutel und der Platz in meiner Garage. 2003 ,bis 2004,war eine türkisfarbene Vespa PK50 XL2 in meiner kleinen Werkstatt.Ich besserte den Rahmen aus,ersetzte alle Verschleissteile an Motor und Elektrik.Die kleine Vespa konnte ich zwar ins Leben zurückholen, sie behielt jedoch einige Kinderkrankheiten.
Vespa PK 50 XL II
Die Fahrzeuge dieser Baureihe haben eine komplizierte Automatikstufe (Plurimatik),die ständig ruckelt und für Aussetzer sorgt.Wir blieben oft liegen,jede Fahrt konnte die letzte sein.Ich erfuhr von einem Piaggiohändler aus Bremen,daß dieser Typ eine Fehlkonstruktion war und er riet mir,sie zu verkaufen.Optisch gefiel sie mir sehr gut.
Ich glaube heute,daß ich einen Teil meiner Jugend nachgeholt habe (und noch nachhole) ,mit meinem " Vespennest ". Ich ahmte ein wenig ,die in den 70er Jahren aufkommenden Mods nach, einer Jugendsubkultur aus England. In meinem Kleiderschrank hängt noch ein Parka mit Aufnähern von The Who, The Clash und Vespa-Symbolen. So wie es sich für einen Mod gehört,auch Doc Martins ,die Arbeiterstiefel aus England. Natürlich alles etwas zu spät...
Zu meinem Unbehagen stellte ich fest,daß heute kaum noch jemand diesen Lebensstil kennt und ich damit ziemlich einsam dastehe. In den Achtzigern wäre man damit schon zahlreicher vertreten gewesen.Egal, ich hatte Nachholbedarf und füllte das CD-Regal mit der Musik dieser Generation (Ska ). Als Rollerfahrer muß man einfach "Quadrophenia "  gesehen haben. ( Musik - The Who  ) .Dieser Film erzählt von den Identitätskrisen der damaligen Jugend, dem Klinsch zwischen Rockern und Mods, die in Massenschlägereien ausarteten. Zum Leidwesen des südenglischen Badeortes Brighton, in dem sich Mods auf ihren Motorrollern und Rocker,auf  schweren Motorrädern, trafen.In dem Film spielt Sting (The Police )einen,vom Hauptdarsteller, Jimmy ,verehrten Mod (Ace).Das Ende des ,1979 erschienenen, Films ist tragisch ,denn Jimmy stiehlt Ace`s Roller und stürzt sich die Klippen hinunter,vernebelt von Amphetaminen und Schlafmangel.
Bild und Tonqualität sind auf der DVD leider ziemlich schlecht.

                                                    


Anna´s Cockpit                                                                                                       


Es war eine schöne Zeit und ich werde Anna gut überwintern,bis wir wieder zusammen der Frühlingssonne entgegenfahren.
Der Leser muß wissen, daß Anna ein paar Geschwister hat,die ebenfalls in meiner Garage wohnen.
Vielleicht sollte ich mich mit meinem Parka wieder auf die Fahrt begeben,auch wenn ich damit recht einsam bin ...


- Anna -  (Vespa ET2)

Zum Schluss zeige ich Euch hier den Trailer von Quadrophenia :
- Für Vespa und Lambretta-Fahrer ein must-have-seen !