Teil 2


Weniger geht kaum
Wie wird man(n) von einem Salat,fünf Scheiben Knäckebrot ,Kaugummis ,
Kaffee mit Milch und Süssstoff,nochmal Kaugummi, am Tag ,satt ?
GARNICHT !
Der ständige Hunger hat auch vor Osnabrück kein Halt gemacht.Wenn ich therapiefreie Zeit hatte,befand ich meist auf dem harten Fahrradsattel,denn Kalorien wollen verbrannt werden.Der Hunger verändert alles,er verändert auch das Verhalten,die Gedanken,die Empfindsamkeit,die Intensität von Gerüchen,Geschmack.Der Mund ist hochsensibel für Gewürze.Wenn ich dann doch etwas gegessen hatte,wurde mir kurz warm,ganz kurz hörte das ständige Frieren auf,oder es wurde zumindest ganz kurz eher aushaltbar.Essen heisst WÄRME ! Das Gedankenkreisen rund ums (Nicht)essen,oder doch Essen,aber danach Sport,war hundert Prozent von mir.Ich hatte wahnsinnig starke Ängste ,Panikattacken in dieser Zeit.Ich war dünnhäutig,physisch und psychisch erst recht.An manchen Tagen war es so schlimm,daß ich Angst hatte zu Sterben.Nicht an Untergewicht,das war nicht lebensbedrohlich,nein,irgendwie von Innen abzusterben,einfach umzufallen und nicht mehr aufstehen können.
Ich habe diese Zeit überlebt.(Diese Zeilen schreibe ich zwei Jahre später,im März 2015.)
Mein Gewicht wurde konstant höher,was zu ganz schlimmen Depressionen und Ängsten führte.Der Körper wurde stärker,meine Seele zerbrach nochmals daran.
Was hat mir geholfen ?
Bewegung,besonders Fahrradfahren.Nicht um Gewicht abzubauen,sondern die Anspannung.Auf zwei Rädern fühle ich mich frei,wie ein Fisch im Wasser,ein Vogel in der Luft.Ich habe ständig ein Fahrrad um mich herum.Und wenn es ein gebrauchtes ist,das ich mir extra zu diesem Zweck kaufe.Das Fahrrad in Osnabrück habe ich von zuhause mitgebracht,auf einer meiner letzten Heimfahrten.Zum Glück,denn viele,viele Wochen war ich nicht mehr in der Lage nachhause zu fahren.
Auf zwei Rädern der Angst für kurze Zeit entflohen
 Noch ein weiteres Hobby,neben der Malerei und dem Fahrradfahren hat mir geholfen:Das Schrauben an meinem Fahrrad,das Reparieren von Fahrrädern der Mitpatienten.Ich hatte meinen kleinen Werkzeugkoffer dabei und konnte somit viele Arbeiten durchführen.Ein netter Mitpatient bekam neue Mountainbikereifen drauf(Hallo Miro:) eine Mitpatientin wieder Licht ans Fahrrad und ein anderer neue Bremszüge.Ich war wieder ganz in meinem Element.Hobbies sind total wichtig bei Depressionen und Ängsten.
Weil " weniger" nicht mehr erträglich war,wurde ich "mehr".Ich wurde zuerst mehr Angst,mehr Wut,mehr Verletzbarkeit,aber ich wurde auch mehr Hobby,mehr Sport machen können,mehr LEBEN .